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Aufbruch in neue Welten: Jamaica Kincaid - Lucy

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17. März 2014 von

via Macmillan
Ich gebe zu, dass ich nur wenige Bücher gelesen habe, die außerhalb der westlichen Kultur geschrieben worden sind. Ich kenne weder afrikanische, noch sehr viele asiatische Schriftsteller, von Schriftstellern aus der Karibik ganz zu schweigen. Um so besser, dass mir Jamaica Kincaid in die Hände gefallen ist, die vielleicht einer kurzen Vorstellung bedarf. 

Jamaica Kincaid wurde 1949 in St. John, Antigua unter einem anderen Namen geboren. Sie ist intelligent, geht auf eine weiterführende Schule und beginnt, eine Abwehrhaltung gegen das britische Schulsystem zu entwickeln. Einige Jahre nach ihr kommen noch drei Brüder zur Welt, denen die Mutter ihre ganze Aufmerksamkeit widmet. Jamaica Kincaid verlässt Antigua und geht in die USA, wo sie erst als Au Pair, später als Schriftstellerin arbeitet. Sie gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Karibik und ihre Themen sind auch nach mehr als 20 Jahren noch immer aktuell. Für Kincaid war die Namensänderung ein wichtiger Schritt in ihrem Leben, denn er ermöglichte ihr, sich von ihrer Vergangenheit als Bewohnerin eines postkolonialen Staates, als Tochter einer konfliktreichen Familie und als Frau mit einer Geschichte zu trennen und sich eine neue, unabhängige Identität zu schaffen.1


Lucy ist Kincaids zweiter Roman, nachdem sie die Biographie ihrer Mutter in Annie John verarbeitet hat. Hier erzählt sie von einer jungen Frau, die aus der Karibik nach New York kommt und dort fü eine weiße Familie arbeitet, deren Kinder sie betreut. Zwischen Lucy und Mariah, ihrer Chefin, entsteht eine Freundschaft, die erst mit Mariahs Scheidung zerbricht. Der Roman beschränkt sich auf Lucys erstes Jahr in den Vereinigten Staaten und die Erzählerin berichtet kaum von ihrer Arbeit. Stattdessen liegt der Fokus auf den vielfältigen Beziehungen der Erzählerin zu ihrer Umwelt. Als Leser begreifen wir, was es für Lucy bedeutet, als schwarze Frau aus der Karibik mit den Lebensvorstellung der weißen Oberschicht in New York konfrontiert zu werden. Auch ihre Beziehung zu Männern steht im Blickpunkt. Am Wichtigsten jedoch erscheint die Auseinandersetzung mit der eigenen Mutter, in deren Abwesenheit. Lucys Umzug nach New York ist ein erster Schritt in einer langen Reihe von Entwicklungen, die zur finalen Ablösung von der eigenen Mutter führen sollen. Obwohl sie geographisch einige Tausend Kilometer trennen, scheint Lucys Mutter allgegenwärtig, sie begegnet uns in den Verhaltensweisen der Erzählerin selbst genauso, wie in Erinnerungen und in den ungeöffneten Briefen, die monatelang auf dem Schreibtisch der Erzählerin liegen bleiben.Am Ende dieses Jahres wird Lucy eine andere sein und neue Wege werden sich ihr eröffnen.

Lucy ist, wie auch Annie John stark autobiographisch gefärbt. Für Kincaid ist das Schreiben selbst ein "writing back" der eigenen Identität. Auch in diesem zweiten Roman finden sich Diskurse wie das Verhältnis zwischen Frauen, die unterschiedliche Behandlung der Geschlechter und die Konfrontation des Eigenen mit dem Fremden (auch auf der Ebene Erzähler - Leser). Der Text ist durchzogen von unzähligen Referenzen auf westliche Kultur und Tradition, die die Kluft noch tiefer, noch deutlicher machen.

Jamaica Kincaid
Lucy
Erstausgabe 1990, Farrar, Strauss and Giroux
164 Seiten
 


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